Kognitive Dissonanz

In der (Sozial-)Psychologie wird ein als unangenehm empfundener Gefühlszustand, der dadurch entsteht, dass ein Mensch mehrere Kognitionen (Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten) hat, die nicht miteinander vereinbar sind, also eine Art von „Störgefühl“ für unser positives Selbstbild, als Kognitive Dissonanz bezeichnet.

Leicht kann es zu Dissonanzen kommen, wenn z.B. jemand, als Messdiener aufwuchs („Die Juden haben unseren Herrn Jesus (Gott!) getötet…“) oder jemand eine Verstrickung mit dem judenmordenden NS-Regime hatte und sich heute gerne als Freund Israels bezeichnen möchte, obwohl er arabische Angriffe auf Israel rechtfertigte und bei einem Besuch im Land möglicherweise deshalb mit Tomaten beworfen wurde.

Das Selbstbild ist wichtig, weil dieses  Bild, das man von sich selbst hat, die Persönlichkeit und die Zufriedenheit im Leben bestimmt. Dieses Bild bestimmt aber auch, ob wir zu unseren Mitmenschen eine positive Beziehung haben.

Dissonanzentstehung

Damit kognitive Dissonanz entsteht, müssen vier Schritte durchlaufen werden:

1. Verhalten (z.B.: jemand hat sich früher freiwillig zur Wehrmacht gemeldet) und Einstellung („Heute bin ich ein Freund Israels“) werden als widersprüchlich empfunden;

2. das Verhalten geschah freiwillig;

3. physiologische Erregung tritt ein;

4. das Verhalten wird für die Erregung verantwortlich gemacht;

Dissonanzauflösung

Da Dissonanz unser positives Selbstbild stört und als unangenehm empfunden wird, versuchen Personen, die Kognitionen in Einklang zu bringen (sie in eine „konsonante“ Beziehung zu bringen), um den negativen Gefühlszustand zu beenden.

Die Dissonanzauflösung (auch Dissonanzreduktion genannt) kann an jedem der vier Entstehungsschritte ansetzen:

  1. Der Widerspruch zwischen Verhalten und Einstellung wird heruntergespielt (z.B. „Ich war erst 17 Jahre alt, als ich zur Waffen-SS kam.“)
  1. Das Verhalten wird als erzwungen dargestellt („Ich musste so handeln, z.B. um der familiären Enge zu entkommen, nur deshalb meldete ich mich „freiwillig“ zur Wehrmacht“)
  1. Die physiologische Erregung wird gedämpft, meist durch Alkoholkonsum (Erklärungsurrogat: z.B. jemand sagte zu mir:  „Halt’s Maul, trink deinen Rotwein!“ – Symptom: „…seine purpurrote Nase zeigt Bekanntschaft mit dem Glase…“ usf.)
  1. Die Erregung wird auf andere Ursachen zurückgeführt (z.B.: Der ohnehin brüchige Weltfrieden werde durch Israel gefährdet oder das iranische Volk werde von Israel mit der präventiven Vernichtung bedroht oder nie kann man Israel kritisieren, ohne gleich als Antisemit zu gelten, u.s.f.“).

Entweder wird das Verhalten geändert, so dass es zur Überzeugung passt, oder die Überzeugung wird geändert, so dass sie zum Verhalten passt, oder weitere Überlegungen werden als Rechtfertigung hinzugezogen (z.B.: „Das frühere Opfer läuft Gefahr, Täter zu werden“). In der Regel ist eine der Kognitionen veränderungsresistenter als die andere, weshalb meistens die Kognition geändert wird, die am leichtesten zu ändern ist. Wenn die Handlung bereits geschehen ist, kann nur die Einstellung geändert werden („Auch wenn oder gerade weil ich ein Freund Israels bin, musste das mal gesagt werden, dass die Atommacht Israel den ohnehin brüchigen Weltfrieden gefährdet…o.s.ä.“)

Bei der Dissonanzauflösung unterscheidet man zwischen direkten und indirekten Strategien.

Direkte Strategien beziehen sich auf die Auflösung der für die Dissonanz verantwortlichen Diskrepanz zwischen Verhalten und Einstellung, d. h. Personen ändern ihr Verhalten, um es mit ihren Einstellungen in Einklang zu bringen, oder ändern ihre Einstellung bezüglich ihres Verhaltens.

Indirekt lässt sich Dissonanz auch durch Betonung guter Eigenschaften oder Fähigkeiten in anderen Bereichen kompensieren, zum Beispiel würde man, falls man sich inkompetent verhalten hat und dies Dissonanz erzeugt, nach anderen Verhaltensbereichen suchen, in denen man kompetenter ist.

Die Kriminologie bezeichnet Strategien, mit denen Täter ihre Verbrechen rechtfertigen, als Neutralisierung.

Man beachte, dass die angeführten Beispiele nur einige wenige Möglichkeit unter vielen darstellen und nicht zwingend immer in dieser Weise Konsonanz hergestellt werden muss.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz

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3 Antworten zu Kognitive Dissonanz

  1. rainer kühn schreibt:

    Ja, — gut. Sehr gut. Finde ich.

  2. Louis Levy schreibt:

    Mal sehen, ob in der Dortmunder Arena heute eine „konsonante Beziehung“ herstellbar ist?
    lg LL

  3. rainer kühn schreibt:

    Zu den Pfeifen der Pfeife: Big Ben aus oranje Holland raucht gut, auch manche Stanwell und Buz Choquin, aber meine Favoriten, und eben seit je auch gegen die Grassverbrennungsgeräte (siehe TitanicNewsTicker) eingestetzt: die Vauen BigBrainJungle aus modern Germany. Aber Achtung: Rauchen kann doodelik sein. Gedichte schreiben auch …

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