Der heute 84-jährige und als „Moralfinger“ bekannte, frühere Waffen-SS-ler Günter Grass hat möglicherweise Angst seinen Antisemitismus nicht mehr rechtzeitig los zu werden und erdichtet sich deshalb schnell sinngemäß folgendes:
„Wir – als Deutsche belastet genug“ – müssen Verbrechen verhindern, indem wir sagen, „was gesagt werden muss“: „Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden“. Der „Heuchelei des Westens überdrüssig“, fordert der Reimsoldat eine „Kontrolle des israelischen atomaren Potentials“…„in dieser vom Wahn okkupierten Region“.
Im Original liest sich das so!
So wie Fischer in Jugoslawien „Auschwitz verhindern“ wollte, will der Blechtrommler nun die Islamische Republik Iran (Land der Arier) und „die Welt“ vor Israel schützen. Dass der Gealterte zweierlei Maßstäbe anlegt und sich gemäß EUMC-Definition bzw. lt. Arbeitsdefinition deshalb den Antisemitismus-Vorwurf gefallen lassen muss, wird aus meiner Sicht schon daran deutlich, dass er eine iranische Atombombe für „unbewiesen„, ein israelisches Verbrechen dagegen für „voraussehbar“ hält. Psychologisch ist Grass` Verhalten leicht als Schuldabwehrantisemitismus, der versuchten nachträglichen Entschuldung der Täter durch Anklage der damaligen Opfer, zu entlaven.
Vermutlich meint „Bewährungshelfer Grass“, der Massenmord an den Juden verpflichte ihn, den im SS-Regime verstrickten, Israel mit Lob und vor allem mit viel Tadel moralisch beistehen zu müssen, damit das Opfer nicht rückfällig werde. Wenn`s um den Judenstaat geht, wird er, der Teil der Waffen-SS war, sogar zum Ostermarschierer und Pazifist, der besorgt vor deutschen Waffenexporten an Israel warnt, obgleich sich U-Boote in Israels Lage bekanntlich mehr als Defensivwaffen eignen, oder? Grass` Messen mit zweierlei Maß in seinem „Gedicht“, mit dem er sich vermutlich künstlerische Freiheit schaffen will, ist nicht zu überlesen. Nicht die Vernichtungsdrohung des Holocaust-Leugners Ahmadinedschad, nein Israel, das nie mit atomarem Erstschlag drohte, bedrohe den Weltfrieden. Weil man Israel nicht ohne des Antisemitismus` gezeiht zu werden kritisieren könne (Ein weiteres antisemitisches Vorurteil!), habe er, der Besorgte, so lange geschwiegen. Für diese Art der Einseitigkeit gibt es nur eine Vokabel: Antisemitismus!
PS: Es gibt Dichter, die`s besser können: Nobelpreis für Yellnikoff!
Nachtrag – Stimmen zu Grass:
Rolf Hochhuth: „Ich schäme mich…Du bist geblieben, was Du freiwillig geworden bist: der SS-Mann, der das 60 Jahre verschwiegen hat…“
Beate Klarsfeld: „…die gleiche antisemitische Musik..“
Daniel Jonah Goldhagen: „Verfälscher seiner eigenen Nazi-Vergangenheit“
Reich-Ranicki: „Ein ekelhaftes Gedicht…Das ist eine Gemeinheit, so etwas zu publizieren.“
Elie Wiesel: „Ist der alte Deutsche plötzlich zurückgekehrt und hat sein Haupt erhoben?“
Angenommen, Stefan Frank wäre in einem imaginären moralischen Gericht zum Rechtsbeistand von Günter Grass (also zum Advocatus Grassi) bestimmt worden, so würde er sich die Frage stellen: Soll ich darauf plädieren, dass Grass aufgrund einer Demenz unzurechnungsfähig ist, und zum Beweis das Fernsehinterview mit Tom Buhrow präsentieren?
PPS: Wissenschaftlich belegt – Grass`Text bedient moderne antisemitische Klischees!
Schönes, treffendes Bild, Louis.
Schuldabwehrantisemitismus trifft es eigentlich sehr gut.
Beste Grüße
fidelche
Jeder, der dieses Gedicht mit Antisemitismus gleichsetzt, verbietet jegliche Kritik an Israel oder an Juden überhaupt. Und genau das hat auch Grass in Kenntnis jüdischer Animositäten in seinem Gedicht so benannt.
Den Schuldabwehrantisemitismus kann ich bei aller Evidenz nicht beweisen, aber dass das Gedicht antisemitisch ist, @bravo56, weil es völlig einseitig an Israel ungleich strengere Maßstäbe (Stichwort: Doppelstandards) anlegt als z.B. an den Iran, das glaube ich gezeigt zu haben!
lg LL
Grass‘ Lyrik ist – zumindest in diesem Fall – noch unter aller Kanone.
Gut formuliert! Unter aller Kanone!!!
Hi hibouh! Der Blechtrommler wird unterschätzt. Bereits in seinem Interview mit der israelischen Zeitung Haaretz im vergangenen Jahr sagte Grass, der Holocaust sei nicht das einzige Verbrechen des Zweiten Weltkrieges gewesen. Dabei beschuldigte er Russland der Ermordung von 6 Millionen deutschen Kriegsgefangenen…
lg LL
Vorschlag als Untertitel für die schöne Illu: „Durch deutschen Wald und bange Flur / mit Nobel-Sprengsatz Günter nur!“ (Motto: Reimen statt schwadronieren!)
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Bevor man solcherlei Kommentare verfasst, sollte man sich mit dem Menschen Grass und seinem Werk auseinandersetzen. Das Gedicht ist weniger antisemitisch als gegen eine Politik gerichtet, die den Menschen im Land und auch anderswo schadet. Wird die so gerichtete Kritik verboten, gibt es bald keinerlei Revolutionen mehr wie sie jüngst z. B. in Ägypten oder Syrien stattfanden. Den Antisemitismus aus der SS-Vergangenheit des Autors abzuleiten, halte ich ebenfalls für ziemlich kurz gedacht.
Der sekundäre Antisemitismus von Grass wurde früher schon bei Grass konstatiert und kann auch unmittelbar aus seinem Gedicht abgeleitet werden. Seine Vergangenheit passt nur dazu. Deine Revolutionsbeispiele (in Syrien hat bislang noch keine „stattgefunden“, bislang sitzt Assad noch im Sattel!) würde ich nicht gerade als „wünschenswert“ anführen. Sie sind kein menschlicher Fortschritt.
lg LL